Der Bestand von altgedrucken Büchern in der Regionalen Bibliothek Lyuben Karavelov
Mit dem Begriff „altgedruckt“ werden alle Bücher aus der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt bezeichnet, de in der Periode vom Jahre 1806 bis zum Jahre 1878 herausgegeben wurden.
Der Bestand von altgedruckten Büchern der Regionalen Bibliothek Lyuben Karavelov wurde im Jahre 1957 gegründet. Bis dann wurden die altgedruckten Bücher im allgemeinen Bestand der Bibliothek aufbewahrt. Den Hauptkern bei der Absonderung dieses besonderen Bestands bildete im Jahre 1977 die kostbare Spende des schon verstorbenen prominenten Buchhändlers aus Russe – Nikola Dakov, bestehend aus 257 Büchern und Periodika. Als Spender müssen weiter auch M. Halvadzhiev, D. Todorova und Dr. Maslinkov erwähnt werden. Die altgedruckten Bücher wurden auch auf dem Wege des Buchaustausches mit der Bibliothek des Rila - Klosters, der Bibliothek zur Mitropolie (Erzbischofssitz) in Russe und anderen Büchereien im Land bezogen. Der Bestand beläuft sich auf über 1000 Bücher und Periodika und er stellt einen Drittel aller registrierten altgedruckten Ausgaben in Bulgarien.
Viele der Bücher im Bestand sind von nationaler Bedeutung. Ein Buch davon ist das erste bulgarische Buch, das auf neubulgarischer Sprache gedruckt wurde – „Kiriakodromion“, oder „Nedelnik“ (dem Sonntag gewidmet) von Sofroniy Vrachanski, herausgegeben im Jahre 1806 in Rimnic – Rumänien. Das ist eine Sammlung mit aufschlussreichen Texten, die für die sonntäglichen Gottesdienste bestimmt sind, daher auch der Name. Die Bibliothek besitzt insgesamt 6 Exemplare, die in unterschiedlichen Jahren herausgegeben wurden, das kostbarste davon bleibt das Exemplar mit dem Stempel der Rustschuker Schule und mit der Titelseite mit aufgelisteten 26 Förderern, die die Herausgabe mit zweitausend Groschen unterstützt haben.
Sehr wertvoll ist auch die erste Ausgabe des berühmten ABC - Buchs mit dem Fisch auf dem Buchdeckel (Riben bukvar) von Dr. P. Beron vom Jahre 1824, herausgegeben in Brașov. Sein Originaltitel lautet „Ein ABC – Buch mit unterschiedlichen Belehrungen (mit dem Fisch)“, wobei bei der zweiten und der dritten in Bukarest herausgegebenen Ausgaben aus den Jahren 1841 und 1847 das Buch schon unter dem Namen „Das bulgarische ABC – Buch (mit dem Fisch)“ erschienen ist, welche Ausgaben übrigens auch im Bestand sind.
Einer der hervorragendsten Funktionäre aus der Zeit der Bulgarischen Aufklärung, Neofit Bosveli, hat im Jahre 1835 in Kragujevac mit der Unterstützung seines Kollegen aus Svishtov und bedeutender Aufklärer aus der Zeit der Wiedergeburt Emanuil Vaskidovitch die „Slawobulgarische Unterrichtshilfe“ – die bemerkenswerteste Unterrichtshilfe nach dem ABC - Buchs mit dem Fisch während der Zeit der Wiedergeburt veröffentlicht. Das ist eine umfangreiche Schulenzyklopädie in sechs Teilen, die das ganze notwendige Wissen der bulgarischen Schule zu jener Zeit beinhaltet – ABC - Buch, Grammatik, Arithmetik, Erdkunde, Schreiben.
Mit seiner aktiven Präsenz im Literatur- und Aufklärungsleben während der Zeit der Wiedergeburt reiht sich Sava Radulov neben den hervorragendsten Funktionären der bulgarischen Aufklärung ein. Im Bestand von altgedrucken Büchern werden der „Elementarunterricht in Geographie“ und das im Jahre 1859 herausgegebene „Bulgarische ABC - Buch. Von S. Radulov auf einer neuen und leichteren Weise gestaltet“.
Sehr selten und einzigartig sind die Bücher „Kurzforschung des bulgarischen Altertums“ von G. Krastevich, herausgegeben im Jahre 1858 in Tsarigrad (Istanbul), sowie „Unser Lieben Frau Traum“ vom Jahre 1859, gedruckt auch in Tsarigrad (Istanbul) in der Druckerei von Dimitar Panitschkov. Laut den nationalen bibliographischen Quellen steht dieses Buch im Bestand keiner anderen Bibliothek überhaupt. Ein anderes Buch, das sogar im Bestand der Nationalbibliothek der Heiligen Kyrill und Method fehlt, ist die Komödie „Dvoryaner Wahlen“ (Die Wahlen der Adligen), übersetzt aus dem Russischen, herausgegeben im Jahre 1843 in Chișinău. Hier sind auch die Bücher „Tzaren - Verzeichnis, oder die Geschichte Bulgariens“ von Hristaki Pavlovich, das ist eine der berühmtesten Abschriften von „Istoriya slavyanobolgarskaya“ (Die Slawobulgarische Geschichte) von Paisii Hilendarski (Der heilige Paisius von Hilendar), „Das Vermächtnis von Vasil Aprilov“ aus dem Jahre 1849, ein Exemplar der ersten bulgarischen Novelle „Die erbärmliche Familie“ von Vasil Drumev aus dem Jahre 1873. Interessant sind auch „Veda Slovena“ – eine Sammlung bulgarischer Volkslieder von Stefan Verkovich, herausgegeben im Jahre 1874 in Belgrad, sowie die allgemein bekannte Sammlung bulgarischer Volkslieder der Gebrüder Miladinov.
Einen ehrenhaften Platz im Bestand von altgedrucken Büchern haben auch Bücher wie das erste bulgarische Chemielehrbuch von Dimitar Enchev, verfasst für den Bedarf der Rustschuker Schule, das im Jahre 1871 erschien, sowie das erste bulgarische Lehrbuch in Landwirtschaft. Ein anderer herausragender Funktionär der bulgarischen Aufklärung, mit einem großen Beitrag zur Schaffung des akademischen Schrifttums, ist Nayden Gerov. Im Jahre 1849 hat er nach französischen und russischen Vorbildern das erste bulgarische Lehrbuch – „Auszug aus der Physik“ verfasst. Im Buch werden vierzig physikalische Begriffe in die bulgarische Sprache eingeführt, womit der Anfang unserer Terminologie in der Physik gegeben wurde. Ein Teil der von ihm vorgeschlagenen Begriffe ist noch heute in Gebrauch. Ihren ehrenhaften Platz in der Entwicklung des „akademischen“ Schrifttums haben auch Parteniy Zografski mit der „Kurzen slawischen Grammatik“, herausgegeben im Jahre 1859 in Tsarigrad (Istanbul), sowie Filip Velev mit der „Griechisch-Bulgarischen Grammatik. Verfasst und zuerst herausgegeben zugunsten der bulgarischen Volksschulen“, gedruckt auch in Tsarigrad (Istanbul) im Jahre 1860.
Von der ausschließlich reichen Erbe des Schriftstellers Petko R. Slaveykov ist auch sein „Bukvartsche“ (Ein kleines ABC – Buch) zu erwähnen, herausgegeben im Jahre 1860 in Tsarigrad (Istanbul). Damit ist eine ich eine merkwürdige Tatsache aus der Geschichte von Russe verbunden. Als im Jahre 1865 die Kirchenvolksbank in Russe gegründet wurde, hat ihr Präsident Nil Izvorov ein Brief an Slaveykov geschrieben mit der Bitte, ihm 1000 Bänder für die Schulen in Russe zu senden. Dank der Stiftungen von Nikola Dakov und Dr. L. Maslinkov hat die Bibliothek „Lyuben Karavelov“ heutzutage zwei Exemplare.
Der Name von Hristo G. Danov wird nicht nur als Verleger und Gründer des organisierten Verlagswesens in Bulgarien, aber auch mit seiner weitgehender Tätigkeit als origineller Autor verbunden. Im Jahre 1862 ist in Plovdiv das Buch „Ein ABC-Buch, oder Lehrstoff des Zusammenhangs“ erschienen, mit insgesamt fünf Ausgaben.
Die Bibliothek stolziert unzweifelhaft meistens auf die phototypische Ausgabe einer der ersten gedruckten geographischen Karten Bulgariens unter dem Titel „Karte von Bulgarien, Thrakien und Mazedonien und der zugehörigen Gebieten von heute“ auf vier Blättern und in einem Maßstab von etwa 1: 1 000 000 mit der Widmung „Zugunsten der in Rustschuk neugegründeten Slawobulgarischen Schule“, gedruckt vom patriotischen Händler Alexander H. Russet im Jahre 1843 in Straßburg, mit der finanziellen Unterstützung seines Vaters Dimitar H. Russet. Bis zum Jahre 1860 war diese Karte das einzige Hilfsmittel solcher Art in den Schulen auf dem Gebiet Bulgariens.
Im Bestand von altgedrucken Büchern werden auch originelle Hefte der ersten bulgarischen Zeitschrift „Lyuboslovie“, herausgegeben im Jahre 1844 in Smyrna (Izmir), sowie Exemplare der ersten bulgarischen Zeitung „Balgarski orel“, herausgegeben im Jahre 1846, und auch originelle und phototypische Ausgaben der Zeitungen von Botev und Karavelov, Sammlungen der „Periodischen Zeitschrift“, Ausgabe der Bulgarischen Literaturgesellschaft in Brăila aufbewahrt.
Einzigartig ist auch die Sammlung von Büchern in Fremdsprachen, herausgegeben vor 1900, die als „Selten und wertvoll“ bezeichnet sind. Das älteste Buch in unserem Bestand ist „Evangelion“ vom Jahre 1690. Es hat einen sehr interessanten Schicksal – es wurde von der Enkeltochter von General Kutuzov und der Ehefrau von Graf Ignatiev dem Tempel im Dorf Metschka bei Russe zum Gedenken an die umgekommenen russischen Soldaten in den Kämpfen während des Russisch – Türkischen (Russich – Osmnischen) Krieges. Es gibt auch Bücher auf Griechisch, Türkisch, Französisch und Deutsch.
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